Fahrrad-Lobby seit 35 Jahren erfolgreich
Von Lutz Bäucker
Die Geschichte des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club“ (ADFC) Kempten-Oberallgäu begann im Hauptbahnhof der Allgäu-Metropole: Am 24.Oktober 1990 – Deutschland hatte sich gerade wiedervereinigt – traf sich Olaf Radeck mit drei gleichgesinnten Radfahrern in der damaligen Bahnhofsgaststätte. „Ich wollte was tun, um die Situation der Radfahrer in der Autostadt Kempten zu verbessern,“ erzählt Radeck.
Olaf Radeck trommelte für die Ideen des ADFC und warb für die Mitgliedschaft in diesem damals so gut wie unbekannten Verein. Die meisten Menschen verwechselten den Radlerclub mit der Autofahrerlobby ADAC und sahen keine Notwendigkeit, ihn zu unterstützen. Immerhin fand der erste Vorsitzende der Oberallgäuer Radfahrer Gehör bei der Stadt Kempten: Die Kommune wurde schon im Dezember 1990 das erste Fördermitglied des Clubs.
Kostenloser Radtransport im Zug
Kein Jahr später landete der ADFC seinen ersten Coup: Er überzeugte die damals noch staatlich geführte Deutsche Bahn davon, in ihren Allgäuer Nahverkehrszügen Fahrräder kostenlos mitzunehmen. Ein Angebot, das bis April 2009 galt und für das der ADFC jetzt wieder kämpft. Großes Aufsehen erregte die erste Radldemo im Oberallgäu, bei der 1995 rund 250 Teilnehmer auf der B 19 zwischen Sonthofen und Oberstdorf gegen den vierspurigen Ausbau dieser Strecke protestierten.
Danach tauchen die vier Buchstaben ADFC immer öfter in der Öffentlichkeit auf. Dem Verein gelingt es neue Zielgruppen anzusprechen, etwa mit den seit gut fünf Jahren angebotenen Fahrsicherheits-Trainingskursen. Im Mai 2022 wird die vom ADFC unterstützte „Umweltspur“ in Kempten gegen große Widerstände freigegeben. Ungefähr zeitgleich übernimmt der langjährigen ARD-Journalist Lutz Bäucker den Vorsitz des Kreisverbands und startet eine erfolgreiche Medienoffensive.
Schockierende Abstandsmessungen
Von Mai bis Oktober 2024 führt die Hochschule Kempten unter Leitung von Professor Thomas Zeh und mit Unterstützung des ADFC Abstandsmessungen beim Überholen von Radfahrern durch. Das Ergebnis ist schockierend (zwei Drittel der überholenden Autofahrer halten den Mindestabstand von 1,50 m nicht ein!) und sorgt bayernweit für Diskussionen. Im November schaffen es erstmals sechs Oberallgäuer Kommunen ins bundesweite Ranking des ADFC-Fahrradklima-Test. Zuletzt konnte der ADFC den Allgäuer MdL Joachim Konrad davon überzeugen, das Projekt „Fahrrad-Freeway“ zwischen Kempten und Memmingen zu unterstützen. Das zeigt den Stellenwert, den der von einer Handvoll engagierter Bürgerinnen und Bürger getragene Fahrrad-Club nach 35 Jahren erreicht hat.
Titelfoto: Regelmäßig organisiert der ADFC Radldemos mit stattlichen Teilnehmerzahlen, Fotos: Helga Fendt und Tobias Heilig